Plattdeutsche Runde

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Plattdeutsche Runde

Monatliches Treffen unter der Leitung von Gertrud Schneider und der Mithilfe von Jutta Nebeling.
Jeden ersten Donnerstag im Monat, um 19.30 Uhr im Heimathaus.
Die genauen Termine finden Sie in unserem Veranstaltungskalender

Warum machen wir das Ganze? Warum treffen wir uns regelmäßig an jedem ersten Donnerstag im Monat mit meist mehr als 20 Personen?

Eigentümlichkeiten Platt
Zu sagen, wir wollten das Platt pflegen, ist leicht, aber vielleicht zu akademisch. Wenn wir uns in der Runde treffen, dann genießen wir die urwüchsige, kernige Sprache, die noch vor einer Generation Alltagssprache war. Und in Zeiten, in denen die Ortschaften in sich geschlossener waren als heute, bildeten sich von Ort zu Ort besondere Eigentümlichkeiten bei aller Gemeinsamkeit heraus.

Auch die Gesellschaft in Drolshagen ist offener und durchmischt, das Hochdeutsche ist zur Alltagssprache geworden. Selbst wenn man Platt miteinander reden könnte, wird dem Hochdeutschen meistens der Vorrang gegeben.
Das hat viele Gründe, von denen die Diskriminierung des Plattdeutschen als die Sprache der dörflich Zurückgebliebenen - wie es die Preußen betonten - auch noch nachwirkt. Bedeutsamer ist aber meines Erachtens, dass sich die örtlichen Gemeinschaften stärker durchmischt haben, dass zur überregionalen Verständigung der gemeinsame Nenner im Hochdeutschen liegt. Und nicht zuletzt haben technische und soziale Erneuerungen bereits auch das Hochdeutsch durchwirkt. Meine Oma sagte noch zu einem Gerät, dass heute kaum noch gebraucht wird: Bildwerfer, gemeint war der Diaprojektor.

Die heutigen Begriffe müssten im Plattdeutschen, auch bei uns, völlig neu übersetzt werden. Das Plattdeutsche spricht eher von dem unmittelbar zu beobachtenden: ein Bild wird durch das Gerät an die Wand geworfen. Der Diaprojektor beschreibt eine technische Funktion, die sich auch zum Teil der unmittelbaren Wahrnehmung entzieht. Um wieviel problematischer ist es, einen Computer in Platt zu benennen. Viele helfen sich dadurch, dass sie diese Begriffe plattdeutsch aussprechen, wie es das Sauerländer Mundartarchiv mit seinen „Daunlots“ macht. Das ist ein Ausweg, wie ja in der Vergangenheit auch viele französische oder jiddische Begriffe nahtlos ins Platt übernommen wurden. Aber die Ausnahme ist nicht die Regel.

Zurück zu unserer Plattdeutschen Runde.
Wir waren damals gestartet mit dem Anspruch, Platt zu sprechen und zwar so, dass im Sprechen der Alltag selbst zu Worte kommt. Da sind wir noch nicht angekommen, auch wenn in den Darstellungen und Vorträgen immer wieder verbessert wird, wenn jemand einen hochdeutschen Begriff gebraucht oder nicht weiß, was hinter so manchem Wort steht. Vielleicht schaffen wir es in der nächsten Zeit, über die Sprachübungen mit den Texten unserer namhaften Plattdeutschen Schreiberinnen und Schreiber hinaus noch mehr zum eigenständigeren Sprechen zu kommen. Es heißt ja Plattdeutsche Sprache und nicht Plattdeutsche Lese oder Plattdeutsche Schreibe.

Zukunft des Dräulzer Platt
Und trotzdem stellt sich hier die Frage, wozu das alles? Sicherlich wird es weder unsere noch eine andere Plattdeutsche Runde fertigbringen, dass ein größerer Teil der Bevölkerung in Platt "kommuniziert" (um mal ein Wort zu gebrauchen, was nun garnicht platt ist).

Wir müssen mit der Tatsache leben, dass sich die Zahl der Menschen, die Platt sprechen, in den letzten 25 Jahren mehr als halbiert hat. Und ich spreche von Plattdeutsch, vom Westfälischen oder Sauerländischen Platt, nicht vom Dialekt der Hessen oder Bayern oder Kölner. In den norddeutschen Ländern sprechen nach letzten Untersuchungen nur noch 2,6 Mio Menschen Platt mit sinkender Tendenz. Immer mehr wird Plattdeutsch nur noch in Nischen gesprochen.

Das können wir bedauern oder auch feststellen, dass weltweit Sprachen untergehen. Auch Latein wird - außerhalb traditioneller Kreisen der Katholischen Kirche - nicht mehr gebraucht, erst recht nicht gesprochen.

Was bleibt? Ist Dräulzer Platt nur noch Folklore? Gut für derbe Lustspiele in Theateraufführungen? Letztlich nutzlos, verzichtbar?
Ich möchte einen Vergleich anbringen: ich bin mir sicher, dass keiner der hier Anwesenden seinen Rasen ums Haus mit der Sense mäht. Und dennoch kann es sinnvoll sein, sich die Technik wieder anzueignen, lernen die Sense zu dängeln, mit dem Wetzstein zu schärfen und den richtigen Schwung zum Mähen zu finden. Das muss auch nicht jeder können. Nicht, um den Rasenäher zu ersetzen, sondern um eine Kulturtechnik zu erhalten.

Und Plattdeutsch, das Dräulzer Platt oder - wie ich es gelernt habe und spreche - das Wendsche Platt ist ein Kulturgut, dass aktiv erhalten werden kann und sollte. Das geht aber nicht - bei aller Wertschätzung der Arbeit des Sauerländischen Mundartarchivs – nur durch Konservierung von Interviews, sondern durch Pflegen der Sprache soweit und solange es noch geht. Pflegen ins Lateinische übersetzt heißt: cultura, also Kultur.

Wir haben ungeahnten Beistand: 1998 hat auch die Bundesregierung die Charta der Regional- und Minderheitensprachen ratifiziert, bei der auch das Niederdeutsche, zu dem unser Platt gehört, offiziell als eine eigene Sprache anerkannt wurde. In diesem verbindlichen Rechtsdokument wird es mit dem Anspruch auf konkrete Schutzvorkehrungen versehen.

Das ist aber bislang nur Symbolpolitik. Realpolitik wird daraus nur, wenn wir unser Platt weiterführen, die sozialen und technischen Neuerungen nicht einfach übersetzen, sondern in der Kreativität, die dem Plattdeutschen immer eigen war, neu formulieren. Aber es unterstreicht die Bedeutung des Platt.
Und wenn wir Mut zur Lücke habe, das Platt auch eingeschränkt zu sprechen, bleibt es lebendig.
Wer heute Plattdeutsch spricht - und das heißt immer auch mit anderen zu sprechen - fördert das wichtige Kulturgut einer unverwechselbaren eigenen Sprache. Und das werden wir weiter machen.