Wie haben wir recherchiert?

Sie sind hier: Startseite » PROJEKTE » GESCHICHTE » ERINNERUNGSINITIATIVE

Als im November 2017 erste Planungen für eine Erinnerungsinitiative für die Opfer des Nationalsozialismus in Drolshagen gefasst wurden, war uns wenig über das Schicksal von Menschen mit Behinderung bekannt, die während des 2. Weltkrieges aus dem St.- Gerhardus-Hospital verschleppt wurden.

Zu diesem Zeitpunkt bestanden unsere Informationen lediglich aus dem Bereich Hörensagen. In diesem Zusammenhang wurde mehrfach Hadamar als Ziel der Deportation genannt. (Im hessischen Ort Hadamar befand sich zwischen 1941 und 1945 eine Tötungsanstalt, in der Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen in einer Gaskammer, durch tödliche Injektionen und Medikationen sowie durch vorsätzliches Verhungernlassen ermordet wurden.)

Erste Recherchen in der heimatgeschichtlichen Literatur deuteten auf eine ‚Verlegung‘ der gesamten Abteilung von bis zu 100 Personen nach Niedermarsberg am 9. April 1943 - und nicht nach Hadamar.

Durch Internetrecherche erfuhren wir, dass es jedoch Transporte von Menschen mit Behinderung von Marsberg aus in die Tötungsanstalt Hadamar gab.

Da es in der heutigen Gedenkstätte Hadamar eine umfangreiche Datei mit Opferdaten gibt, haben wir im Dezember 2017 Kontakt zur Archivarin des LWV-Hessen (Landeswohlfahrtsverband) aufgenommen. Ihre Sichtung ergab keine Hinweise auf die Frauen aus dem Drolshagener St. Gerhardus Hospital. Allerdings erhielten wir einen Hinweis auf einen Mann aus Drolshagen, der 1936 aus dem St.-Gerhardus-Hospital zunächst nach Marsberg überwiesen wurde, 1943 nach Weilmünster verlegt wurde und später in Hadamar im Januar 1945, angeblich an „Darmgrippe", verstarb. Seine Geschichte sollte noch weiter recherchiert werden.


Im Stadtarchiv Drolshagen befindet sich eine Akte mit dem Titel „Nachweisung der im St.-Gerhardus Hospital in Drolshagen befindlichen Epileptiker und Geisteskranken“, die als Aufnahmebuch der damaligen Epileptikerinnenabteilung beschrieben werden könnte. Darin sind 322 weibliche Personen mit ihren jeweiligen Personenstandsdaten aufgeführt. Die ersten Einweisungen beginnen im Oktober 1898 und enden im Dezember 1942. In diesem Zeitraum wurde hierzulande hauptsächlich die schon seit der beginnenden Neuzeit gebräuchliche Schreibschrift Kurrent genutzt. Es war daher zunächst nötig, die Aufzeichnungen zu transkribieren. Zudem haben wir die Daten in eine digitale Tabelle überführt. Durch diese Tabelle ist es uns möglich, statistische Daten wie Altersstruktur oder Herkunft anzugeben. Sie wurde im Rahmen der weiteren Recherche laufend um neue Erkenntnisse ergänzt.

Es zeigte sich jedoch, dass die tabellarisch aufgeteilten Seiten des Aufnahmebuches keinerlei Hinweise auf eine Verlegung nach Marsberg enthielten.

Durch mehrere Dokumente aus dem Archiv der Franziskanerinnen zu Olpe konnten wir jedoch die sogenannte ‚Verlegung‘ von 77 Frauen nach Marsberg bestätigen. Aus diesen Dokumenten geht auch hervor, dass auf der Station St. Joseph nur weibliche Menschen betreut wurden. Einige Abschriften von Korrespondenz zwischen der Leitung des St. Gerhardus Hospitals und der Verwaltung des Provinzialverbandes sowie der San. Staffel Attendorn geben Hinweis auf den zeitlichen Ablauf der Inanspruchnahme der Krankenhausstation durch das Militär, aber auch auf die Durchführung der Verlegung. So mussten insbesondere die Krankenakten der Patientinnen mit übergeben werden.


Im Stadtarchiv Drolshagen befindet sich eine Akte mit dem Titel „Nachweisung der im St.-Gerhardus Hospital in Drolshagen befindlichen Epileptiker und Geisteskranken“, die als Aufnahmebuch der damaligen Epileptikerinnenabteilung beschrieben werden könnte. Darin sind 322 weibliche Personen mit ihren jeweiligen Personenstandsdaten aufgeführt. Die ersten Einweisungen beginnen im Oktober 1898 und enden im Dezember 1942. In diesem Zeitraum wurde hierzulande hauptsächlich die schon seit der beginnenden Neuzeit gebräuchliche Schreibschrift Kurrent genutzt. Es war daher zunächst nötig, die Aufzeichnungen zu transkribieren. Zudem haben wir die Daten in eine digitale Tabelle überführt. Durch diese Tabelle ist es uns möglich, statistische Daten wie Altersstruktur oder Herkunft anzugeben. Sie wurde im Rahmen der weiteren Recherche laufend um neue Erkenntnisse ergänzt.

Es zeigte sich jedoch, dass die tabellarisch aufgeteilten Seiten des Aufnahmebuches keinerlei Hinweise auf eine Verlegung nach Marsberg enthielten.

Durch mehrere Dokumente aus dem Archiv der Franziskanerinnen zu Olpe konnten wir jedoch die sogenannte ‚Verlegung‘ von 77 Frauen nach Marsberg bestätigen. Aus diesen Dokumenten geht auch hervor, dass auf der Station St. Joseph nur weibliche Menschen betreut wurden. Einige Abschriften von Korrespondenz zwischen der Leitung des St. Gerhardus Hospitals und der Verwaltung des Provinzialverbandes sowie der San. Staffel Attendorn geben Hinweis auf den zeitlichen Ablauf der Inanspruchnahme der Krankenhausstation durch das Militär, aber auch auf die Durchführung der Verlegung. So mussten insbesondere die Krankenakten der Patientinnen mit übergeben werden.

Durch die Drolshagener Stadtarchivarin wurde der Kontakt zum Westfälischen Archivamt Münster hergestellt. Dort befinden sich Bestände der westfälischen Heilanstalten und darunter auch Akten aus Marsberg. Der dortige Archivar hat uns daraus im Januar 2018 das Digitalisat einer Gesprächsnotiz vom 7.4.43 gesandt, laut der die „Ankunft“ von „78 Kranke[n]“ telefonisch ankündigt wurde mit dem Hinweis, dass sich die Namen der Personen im Aufnahmebuch der Provinzial Heilanstalt Marsberg befinden. Schon in dieser E-Mail konnte er uns Anhaltspunkte über das weitere Schicksal der Frauen geben: Ein Teil der Frauen befand sich nach dem Krieg noch in Marsberg, andere sind in Marsberg verstorben, 21 wurden nach Meseritz verlegt und 9 nach Lüben.

Auf Nachfrage bezüglich der Namen im Aufnahmebuch wurden Kopien der entsprechenden Seiten des Marsberger Aufnahmebuches im Februar 2018 aus archivrechtlichen Gründen an das Stadtarchiv Drolshagen gesandt. Da aber für alle Personen die Schutzfristen mit großer Wahrscheinlichkeit abgelaufen waren, konnten wir alle Einträge weiter auswerten.

In den folgenden Wochen bereiteten wir die Gedenkveranstaltung im Jahr 2018 zum 75. Jahrestag der Deportation vom 9. April 1943 vor.

Unsere bis dahin erforschten Ergebnisse haben wir dann in der Geschichtswerkstatt des Heimatvereins vorgestellt und die Gedenkveranstaltung in der Presse und in digitalen Medien angekündigt. Der Weg, den die Frauen vom St. Gerhardus Hospital zum Drolshagener Bahnhof genommen haben, konnte durch Gespräche mit Drolshagener Zeitzeugen rekonstruiert werden.


An der Gedenkveranstaltung mit gemeinsamem „Nach“-Gang des Weges vom ehemaligen Gerhardushospital zum ehemaligen Drolshagener Bahnhof nahmen am 09.04.2018 viele Drolshagenerinnen und Drolshagener teil, sie trugen sich alle in das von der GFO (Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe) ausgelegte „Gedenkbuch“ ein. Diese Erinnerungsaktion führte zu weiteren Hinweisen über die damalige Einrichtung der Franziskanerinnen. Auch über ehemalige Patientinnen, die nicht deportiert wurden und die Zeit des dritten Reiches in Drolshagen überlebt haben, wurde uns berichtet.

Informationen zur den Provinzialheilanstalten in Marsberg, Meseritz und Lüben wurden im Internet gesucht. Aus allen Informationen wurden verschiedene Texte für die Gedenkveranstaltung erstellt.

In Folge der öffentlichen Darstellung unserer Arbeit wurden wir auf drei weitere mögliche Opfer der Euthanasie aus Drolshagen aufmerksam gemacht, auf deren Schicksal an anderer Stelle eingegangen werden soll.

In diesem Zusammenhang wurden wir auf den Bestand von Patientenakten in Münster aufmerksam gemacht. Dort sind die Krankengeschichten der in Marsberg verstorbenen Drolshagener Patientinnen archiviert. Im April 2019 konnten diese Akten im Lesesaal des Archivs in Augenschein genommen werden und es bestand die Möglichkeit zum Fotografieren. Dafür waren wegen des Umfangs zwei Tage erforderlich.

Aufgrund dieses Rechercheerfolgs wurde in der Folgezeit nach Hinweisen zu Patientenakten aus Meseritz und Lüben gesucht. Eine Datei mit Namen von Euthanasieopfern aus Meseritz, deren Patientenakten im Bundesarchiv lagern, ist vom Bundesarchiv im Internet veröffentlicht worden. Eine Abgleich mit den Namen der nach Meseritz deportierten Frauen brachte aber keine Ergebnisse.


Bei den Recherchen zur Provinzialheilanstalt Meseritz Obrawalde stießen wir immer wieder auf die Sterbebücher von Meseritz. Dabei handelt es sich um die Sterberegister eines Standesamtes, das nur für diese Tötungsanstalt zuständig war. Kopien aus den Sterbebüchern 1943 und 1944 wurden im August 2019 im Lesesaal des LVR-Archivs in Brauweiler gesichtet. 18 der 21 Namen sind in diesen Büchern verzeichnet. Die Deportation fand am 04.10.1943 statt. Die 18 Frauen verstarben in den darauffolgenden 40 Tagen. Das Schicksal der drei anderen Frauen konnte bisher nicht geklärt werden.

Ebenso verhält es sich mit den 9 Frauen, die am 5.10.1943 ins niederschlesische Lüben deportiert worden sind. Als mögliche Quelle wird vom Bundesarchiv das Standesamt Lüben (USC Lubin) genannt. Hier sollte angefragt werden.

Auch die Archive der Orte, in denen die 12 Frauen geboren wurden, sind als mögliche Quellen für die weitere Recherche zu nennen. Möglicherweise wurden die Standesämter der Geburtsorte über weitere Verlegungen oder den Tod informiert, was gegebenenfalls auf Meldekarten dokumentiert wurde.

Unsere Recherchen sind noch nicht ganz abgeschlossen und wir arbeiten weiter darn. Uns ist aber gelungen, die meisten Lebensdaten der deportierten Frauen zu ermitteln. Wir ermitteln zwar „Daten“, sind uns aber immer bewusst, dass dahinter Schicksale von „Personen“ stehen.

Die hier dargestellte intensive Recherche- und Archivarbeit hat zum allergrößten Teil das Mitglied unserer Initiative Regina Stahlhacke-Schmandt geleistet. Wir alle sind ihr zu großem Dank verpflichtet!