Dräulzer Platt ist eine vollwertige Sprache

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Dräulzer Platt ist eine vollwertige Sprache

18.10.2023 Referat im Heimathaus schlüsselt Geschichte der Mundart auf und nimmt engagiert Stellung gegen die Abwertung des Platteutschen als minderwertige Sprache

Plattdeutsch ist eine vollwertige Sprache, so begann der Referent Walter Wolf im Heimathaus seine Ausführungen zum Dräulzer Platt. Dies werde er im Laufe der Ausführungen auch aufzeigen. Zunächst aber begann er damit, die Geschichte der Mundart aufzuzeigen, die bis auf die Besiedlung durch die Franken im ersten Jahrtausend zurückgeht und die mit dem Vordringen der Sachsen später auch westfälisch genannte Eigenheiten übernahm.

An Beispielen der Wort- und Satzbildung wies er dies nach und machte auch deutlich, dass rund um Drolshagen die wesentlichen Dialektgruppen Nordrhein-Westfalens angesiedelt sind. Da sind das westfälisch-sauerländische des Märkischen und des Attendorner Dialekts, da ist die Mischmundart des Olper Platt, das niederfränkische Wendsche Platt, das mitteldeutsche Ripuarische rund um Eckenhagen und das niederfränkische Ostbergisch von Bergneustadt. Der Drolshagener Dialekt ist eine Misch- oder Übergangsmundart, die sich aus niederfränkischen und altsächsischen Elementen zusammensetzt und trotz der Nähe anderer Dialekte seinen eigenen Charakter bewahrt hat.

Einen besonderen Schwerpunkt setzte der Referent im zweiten Teil des Vortrags, bei dem er sehr engagiert Widerstand gegenüber der Abwertung des Plattdeutschen vortrug. Er griff exemplarisch auf die veröffentlichten Aussagen eines Drolshageners zurück und widerlegte z. B. dessen Positionen, dass das Plattdeutsche „die bürgerlichen Errungenschaften der hochdeutschen Sprache“ nicht mitgemacht habe. In dem kurzen kritisierten Text waren in 18 Zeilen 10 Worte benutzt, die Fremdworte oder Fachbegriffe und aus anderen Sprachen übernommen waren. Sind das die bürgerlichen Errungenschaften, fragte der Referent. Wenn man auch im Plattdeutschen diese Begriffe übernehmen oder sie in dem typischen Verbalstil des Plattdeutschen übertragen würde, könne man jeden Text des Hochdeutschen auch im Platt sprechen und schreiben. Der Referent hatte, um dies zu untermauern, philosophische Texte, wie die „Einführung in die Philosophie“ von Karl Jaspers und Auszüge aus den Frühschriften von Karl Marx zunächst in – das ihm vertrautere - Wendsche Platt übertragen, was von Heinz Stachelscheid in das Dräulzer Platt transkribiert wurde. Letzterer las auch diese Texte vor und es zeigte sich, dass die Anwesenden diese genauso gut verstanden hatten, als wären sie im Schriftdeutsch angeboten worden. Auch der Kritik, dass das Plattdeutsche nicht die Poesie der biblischen Sprache oder den „theologischen Diskurs“ leisten könne, widerlegten nun Wolf und Stachelscheid gemeinsam, indem sie einen von Martin Buber übertragenen Psalm in vollem Wortlaut in bemerkenswert dichter Sprache vorstellten. Nicht zuletzt stand das Gedicht des Drolshagener Heinrich Schürholz „Winterdag“ Rilkes „Es treibt der Wind im Winterwalde“ gegenüber. Auch diese beiden Texte wurden als „auf Augenhöhe“ empfunden.


Die Kritik fasste Wolf so zusammen und bezog sich auch auf andere Autoren und historische Quellen, dass sich aus einem engen bildungsbürgerlichen Verständnis der „richtigen Sprache“ heraus, das Plattdeutsch abgewertet wurde und es als sprachlicher Ausdruck verstanden wurde „wie der Bauer mit seinem Pferd spricht“. All diesen Autoren konnte nachgewiesen werden, dass sie Plattdeutsch nicht sprachen und rudimentär verstanden. Dennoch beanspruchten sie überheblich ein umfassendes und endgültiges Urteil über eine „vollwertige Sprache“. Mit ihren Übertragungen wiesen die Referenten nach, dass auch das Platt eine vollwertige Sprache ist, wenn man die gleichen Bedingungen der Schriftsprache auch ihm zubilligt. Leider, so betonte Walter Wolf auch, wird das Dräulzer Platt aussterben. Aber es lohne sich dennoch, die Sprache als ein Kulturgut und Sprachdenkmal zu pflegen, wie es auch andere Denkmäler erfahren.

Mit dieser deutlichen Positionierung tritt der Heimatverein für das Drolshagener Land auch in einen Diskurs über die Plattdeutsche Sprache ein. Die engagierte Position, die auch von dem sprachkundigen Heinz Stachelscheid, der für u. a. sich die Plattdeutsche Runde des Heimatvereins verantwortlich zeichnet, voll gestützt wurde, traf auf die Zustimmung der anwesenden Zuhörer. Auch im informellen Rahmen nach der Veranstaltung wurde das Thema noch lange diskutiert.